Ein Monat ist seit meiner Ankunft in Kenia vergangen. Ob bzw. wann ich wieder nach Uganda zurück kann, weiß ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Weihnachten werden Lioba und ich auf jeden Fall mit unserer Gastfamilie hier in Kuria verbringen, worauf ich mich schon sehr freue. Wie in den USA wird Weihnachten sowohl in Uganda als auch in Kenia am 25. Dezember gefeiert. Also direkt an meinem Geburtstag☺️!
Ein paar deutsche Weihnachtstraditionen haben Lioba und ich schon in unsere Gastfamilie integriert. Zum Bespiel haben wir Äste und Blumen aus dem Garten verwendet, um einen Adventskranz zu basteln. Auch Ausstechplätzchen und Vanillekipferl haben wir hier bereits gezaubert. Besonders unsere Gastschwester Grace, die eine Sterneköchin in meinen Augen ist, interessiert sich für unsere Rezepte. Es macht unglaublich viel Spaß, Zeit mit Grace zu verbringen, da sie eine Frohnatur und ein Engel zugleich ist!
Drei Wochen lang haben Lioba und ich in der Primary School Ravine ausgeholfen. Meine Gasteltern haben diese Grundschule gegründet und sind fast jeden Tag dort, um nach den Kindern und Jugendlichen zu schauen und Organisatorisches zu klären. Ravine ist eine Privatschule und teils ein Internat. Das heißt, dass viele Schüler bis zu den Ferien auf dem Schulgelände wohnen. Als unsere Gastmutter mit ihrem Mann zusammen die Schule gründete, war es ihr sehr wichtig, dass die Mädchen, die sie vor FGM (Female Genital Mutilation) gerettet hat, Zugang zu Bildung bekommen. Daher haben auch einige FGM-gerettete Mädchen einen Platz in der Schule. Insgesamt werden 350 Schüler von 14 Lehrern in Ravine unterrichtet.
Zu Begin wurden Lioba und ich direkt gefragt, welche Klassenstufe wir bevorzugen würden. Während mir es egal war, wollte Lioba gerne bei den Vorschulkindern assistieren. Ich wurde dann den ersten drei Klassenstufen zugeteilt, wobei ich vor allem in der zweiten Klasse ausgeholfen habe.
Von Montag bis Freitag waren Lioba und ich in der Schule und wir haben schnell unsere Routinen entwickelt. Beispielsweise bin ich um 6:30 Uhr aufgestanden und habe einen kleinen morgendlichen Spaziergang in unserer Nachbarschaft unternommen. Um diese Uhrzeit ist das Klima noch sehr angenehm und es ist ein schönes Gefühl den Tag mit Vogelgezwitscher zu starten. Nach meinen Spaziergängen habe ich mich unter die Dusche gestellt. In Deutschland dachte ich immer, dass ich so ein Frostköttel bin, aber hier liebe ich tatsächlich die eiskalte Dusche am Morgen. Bevor Lioba und ich dann von unserem Pikipiki Fahrer (Ein Pikipiki ist das gleiche wie ein Boda Boda, also ein Motorrad als öffentliches Verkehrsmittel) um 8 Uhr abgeholt wurden, frühstückten wir noch kurz. Fast immer stehen am Morgen ganz viele frisch geerntete Bananen aus dem eigenen Anbau auf dem Tisch. Die sind soooo lecker!!! Ansonsten haben wir auch immer Weißbrot mit Butter und Marmelade. Die Butter ist die gleiche wie die, die wir in Uganda hatten, und ist von der Marke Blue Band. Man möchte nicht wissen, was die Zutaten von diesen beiden Produkten sind…
Nach ca. 15 Minuten Fahrt kamen wir an der Schule an. Lioba und ich begrüßten
dann erstmal die Lehrer im Lehrerzimmer mit „Habari za asubuhi", was so viel bedeutet wie „Guten Morgen!“. Mit der Sprachen-App Duolingo lernen Lioba und ich tatsächlich bereits fleißig Kiswahili und wir werden immer besser darin, uns mit den Menschen hier zu verständigen.
Im Unterricht assistiere ich dem Lehrer / der Lehrerin. Manchmal unterrichte ich auch selber, gehe bestimmte Themen mit ihnen zusammen durch und stelle ihnen Aufgbaben, die sie in ihren Heften bearbeiten und mir im Anschluss vorzeigen sollen. Für das Fach „Arts and Craft“ habe ich mit den Kindern aus Klasse 1 und 2 Freundschaftarmbänder geknüpft. Das hat sowohl den Kindern als auch mir sehr viel Spaß gemacht!

Leider habe ich in der Schule auch negative Erfahrungen gemacht. In dem Bezirk Kuria ist „caning“, also das Prügeln von Kindern, vor allem in Schulen noch sehr stark verbreitet. Auch die anderen Freiwilligen aus Kuria, die außer eine Freiwillige alle in Schulen arbeiten, erzählten uns von ähnlichen Erfahrungen. Zu sehen, wie Kinder vor meinen Augen zusammengeschlagen wurden, war für mich eine überaus große emotionale Belastung. Gleichzeitig wusste ich aber auch, dass ich nichts dagegen machen konnte und dass sich dieser Zustand zumindest während der Zeit, die ich in Kenia bin, nicht ändern wird. Dies bedauere ich sehr!
Wie bereits in dem letzten Blogeintrag erwähnt, kämpft unsere Gastmutter leidenschaftlich seit über 30 Jahren in Kuria gegen FGM. Da die Schüler nun für zwei Monate Ferien haben, werden wir unsere Gastmutter bei ihrer Anti-FGM Kampagne unterstützen. Aufgrund der Ferien, ist jetzt leider die Zeit, in der Mädchen einen Cut bekommen. Vor allem in dem Stamm Maasai ist FGM eine noch weit verbreitete Tradition.


Nun ist die Idee, dass die geretteten Mädchen in der derzeit leerstehenden Schule Ravine unterkommen. Lioba und ich werden dann versuchen, mit den Mädchen zu sprechen. Genaueres wissen wir dazu aber noch nicht. Sobald Lioba und ich mit unserer Arbeit dort anfangen, schreibe ich einen neuen Blogeintrag dazu😉.
Bis dahin genieße ich jetzt die etwas ruhigeren Tage hier auf der Farm mit meiner Gastfamilie. Momentan wache ich ohne Wecker meistens gegen 7 Uhr auf. Dann wasche ich mit Lioba zusammen das Geschirr. Wir sind dabei schon ein eingespieltes Team! Der Tag nimmt dann seinen Lauf. Ich journal und lese zum Beispiel ganz viel. Ich knüpfe Freundschaftsarmbänder, verbringe Zeit mit der zuckersüßen Marcy (vierjährige Tochter von unserer Haushaltshilfe Felicta) und helfe ansonsten auch gerne im Haushalt. Morgens oder abends, wenn es wieder kühler geworden ist, gehe ich gerne spazieren und telefoniere mit meinen Freunden und meiner Familie. Durch meinen Freiwilligendienst ist mir nochmal bewusst geworden, wie sehr es mir wichtig ist, den Kontakt zu meinen Liebsten aufrechtzuerhalten.


Bei meinen Spaziergängen kann ich meinen Gedanken freien Lauf lassen. Ich reflektiere viel und denke über die Werte, die ich in meinem Leben verkörpern möchte, nach. Auch meine Zukunftspläne nehmen eine große Rolle in meinen Gedanken ein und ich muss sagen, dass mir meine Stärken, Interessen und Ziele im Leben klarer geworden sind. Ich habe auf jeden Fall vor, im Wintersemester nächsten Jahres zu studieren. Obwohl mir schon ein Studium im Kopf schwirrt, ist meine Studiumnwahl noch nicht endgültig. Bis zur Bewerbungsfrist habe ich ja noch ein halbes Jahr😊. Ich werde Euch aber auf dem Laufenden halten!
Jetzt sag ich aber erstmal „Tschüß“ und bis zum nächsten Blogeitrag!
Hier noch ein paar Eindrücke von der Graduation Feier der Vorschulkinder am Ende des Schuljahres.


Comments