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Die ersten Tage in Kenia

Linea Lauth

Aktualisiert: 21. Jan. 2023

Da saßen nun Lioba und ich in einem Reisebus auf dem Weg nach Kuria. Kuria ist ein Bezirk, der im Westen Kenias liegt und direkt an Tansania grenzt.


Wir waren auf der Busfahrt gut mit Snacks ausgestattet, die wir uns am Vortag in Nairobi gekauft haben. Das Obst vom Guest House wurde, wie es sich natürlich gehört, in eine Serviette gewickelt und in die Tasche gesteckt.


Die meiste Zeit der Fahrt habe ich aus dem Fenster geschaut und mein Buch gelesen. Ab und zu habe ich auch die Augen zu gemacht, aber schlafen konnte ich aufgrund der Aufregung und Ungewissheit nicht. Die Landschaft, die wir vom Bus aus betrachten konnten, war unglaublich überwältigend: Grüne Feldflächen soweit das Auge reicht! Ich war zudem sehr beeindruckt von den asphaltierten Straßen, da sie im Vergleich zu den Straßen in Kampala in einem sehr guten Zustand sind.

Nach einer neunstündigen Reise kamen wir dann um ca. 17:20 Uhr in Migori an, wo uns Felix, unser Local Coordinator von ICYE, und zwei ICYE-Freiwillige erwartet haben. Migori ist eine Kleinstadt und die Hauptstadt vom Migori Landkreis.

Die eine Freiwillige kommt aus Finnland und heißt Jana. Die andere kommt aus Deutschland und heißt Helen. Beide sind super nett und wir haben uns sofort mit ihnen verstanden. Während wir darauf warteten, dass uns unsere Gastfamilie abholt, unterhielten wir uns. Sie erzählten Lioba und mir, dass sechs Freiwillige in oder in der Nähe von Migori leben. Außer Misaki, die aus Japan kommt, und Jana kommen die restlichen Freiwillige aus Deutschland. Insgesamt sind in Kenia 15 Freiwillige. Es war sehr schön, uns mit Jana und Helen über unsere Erfahrungen während unseres Freiwilligendienstes auszutauschen!


Schließlich kamen unsere Gasteltern mit dem Auto und holten uns ab. Ich muss tatsächlich zugeben, dass die erste Begegnung mit unseren Gasteltern etwas seltsam war. Ohne sich erstmal vorzustellen oder zu fragen, wie wir heißen, stellte unsere Gastmutter uns folgende Frage: „Do you go to church?“. Lioba und ich waren erstmal etwas baff und antworteten verlegen: „Sometimes“. Nachdem unsere Koffer im Kofferraum verstaut waren, setzten Lioba und ich uns hinten ins Auto. Zunächst sagte keiner ein Wort. Es war eine bedrückende Stimmung. Dann fragte ich unserem Gastvater nach seinem Namen. Er sagte uns, dass er Thomas heiße und Bischof sei. Auf der Fahrt sprachen wir noch über ihre Kinder. Sie haben vier leibliche und drei Adoptivkinder. Alle sind bereits erwachsen und nur eine wohnt momentan mit unseren Gasteltern zusammen. Ihr Name ist Grace. Die Adoptivkinder sind die Kinder der Schwester unserer Gastmutter, die übrigens Robi heißt. Als Robis Schwester und deren Mann aufgrund einer Krankheit früh verstorben sind, waren die Kinder noch jung. Daher nahmen Robi und Thomas sie bei sich Zuhause auf.


Bevor wir zu unserer neuen Unterkunft fuhren, machten wir noch einen Abstecher in unserem Projekt, eine Primary School, in der die Schüler zwei Jahre Vorschule und acht Jahre Grundschule haben. Es ist eine Privatschule mit integriertem Internat. Die Schule arbeitet mit der Anti-FGM (Female Genitial Mutilation) Kampagne zusammen, die Mädchen und junge Frauen vor Genitialverstümmelung zu retten versuchen. In Kuria ist FGM noch sehr verbreitet und auch Robi kam damit in Berührung. Zum Glück konnte sie dem Schnitt entfliehen und ist nun seit über dreißig Jahren dabei, gegen FGM zu kämpfen. Es wurden schon mehrere Zeitungsartikel über sie geschrieben. Zudem war sie bereits im Fernsehen und wurde von internationalen Journalisten interviewt. Gerade ist sie dabei, ein Buch mit dem Titel „Complete without a cut“ zu schreiben. Sie hat Lioba und mir auch schon angeboten, einer der Ersten zu sein, die ihre noch nicht veröffentlichte Fassung lesen werden.


In der Primary School sind im Moment neun Kinder, die vor FGM gerettet wurden. Mehr zu meinem Projekt und FGM erfahrt ihr im nächsten Blogeintrag.

In der Schule haben wir uns erstmal dem Schulleiter und ein paar Lehrern vorgestellt. Zum Schluss haben Lioba und ich uns in Begleitung von Robi in einer Klasse vorgestellt und den Schülern erzählt, was wir in der Schule machen werden. Die Kinder waren alle super lieb und aufmerksam!


Nach dem Abstecher in der Schule sind wir zu dem Haus unserer Gastfamilie gefahren. Da es bereits dunkel war, konnten wir an diesem Abend nicht viel vom Grundstück erkennen, was aber nicht weiter schlimm war. Im Wohnzimmer angekommen, beteten wir erstmal alle zusammen und unser Gastvater sprach für Lioba und mich einen Segen aus. Danach lernten wir die Haushälterin Felicta, ihre fünfjährige Tochter Marcy und unsere Gastschwester Grace kennen. Grace ist 26 Jahte alt, hat ihr Studium als Krankenschwester abgeschlossen und arbeitete bereits zwei Jahre im Krankenhaus. Nun wohnt sie bei ihren Eltern, bis sie im März ihre Weiterbildung startet. Nachdem wir unser Mosquitonetz über unser Stockbett angebracht haben, aßen wir zusammen zu Abend. Es war sehr schön! Robi brachte uns sogar noch ein paar Wörter und Sätze auf Kswahili bei.

So verabschiedeten Lioba und ich uns von unserer Gastfamilie mit „Lala salama!“ (Schlaft gut!) und fielen müde von der Reise und gut gesättigt vom Abendessen ins Bett!


Früh morgens wurden wir dann von unseren neuen Mitbewohnern geweckt. Sie machten laut „Kikeriki, kikeriki“ und „Muh, muh“.


Unsere Gastfamilie besitzt neun Kühe, um die 20 Hühner, vier Ziegen, zwei Hunde und drei Katzen. Die Kühe werden zweimal am Tag gemolken und die gewonnene Kuhmilch trinken wir dann für unseren Tee. Meistens wird hier ein Schwarzteebeutel mit heißer Milch aufgegossen. Ich muss sagen, dass diese frische Milch deutlich besser schmeckt als irgendeine Milch vom Supermarkt. Von den Hühnern bekommen wir ihre Eier und die Ziegen werden irgendwann auf unserem Grundstück geschlachtet. Ich habe tatsächlich schon mit eigenen Augen gesehen, wie zwei Ziegen auf unserem Grundstück geschlachtet wurden. Dies war gar nicht gewollt, da ich zufällig draußen war. Ich habe dann aber schnell weggeschaut und bin weggegangen.



Ich finde es sehr cool, dass wir hier fast alle Produkte, die wir zu uns nehmen, von der eigenen Farm bekommen. Auf der Farm befinden sich eine große Bananen-, Mais-, Bohnen-, Kohl-, und Papayaplantage. Es wachsen auf dem Grundstück zudem Avocados, Kartoffeln, Süßkartoffeln und Erdnüsse. Vor allem die Bananen essen wir wirklich jeden Tag und sie schmecken immer aufs Neue himmlisch!

Direkt am Grundstück dran befindet sich ein Sandweg, den ich schon für meine Spaziergänge und Läufe entdeckt habe! Wenn man an diesem Weg entlang geht, wird einem eine unglaublich schöne Aussicht geboten. Da ich in Kampala tatsächlich die Natur vermisst habe, freue ich mich nun umso mehr, davon hier „On Mass“ zu haben!


Unsere neue Gastfamilie hat sich trotz des holprigen Anfangs als eine sehr liebenswerte und offene Familie herausgestellt! Ich kann es kaum in Worte fassen, wie herzlich sie uns alle in ihre Familie integriert haben. Unsere Gastschwester Grace hat uns bereits gezeigt, wie man Chapati selber macht. Sie ist wirklich ein Profi darin!

Robi hat uns ihren selbstkreierten Kuchen gebacken und zwar ganz ohne einen elektrischen Ofen! Stattdessen hat sie einen mit Sand gefüllten großen Topf genommen und ihn auf eine Feuerstelle gestellt. Darin hat sie einen kleinen Topf mit dem Kuchenteig in die Mitte der Sandfläche platziert. Dieses Konstrukt wurde dann mit einer großen Blechscheibe, auf der sich Kohle befand, verschlossen und zack, da hatten wir einen Ofen mit Ober- und Unterhitze. Wie cool ist das denn?

Nach bereits einer Woche in unserer neuen Gastfamilie hatten wir die erste große Feier bei uns Zuhause. Einmal im Jahr kommen Priester und Kirchenmitglieder unseren Gastvater besuchen. Um vier Uhr morgens wurde bereits mit der Vorbereitung begonnen. Es kamen unglaublich viele, um zu helfen. Zelte wurden aufgebaut, Stühle hin und her getragen und es wurde ordentlich für Essen gesorgt. Chapati durfte bei diesem Event natürlich auch nicht fehlen!



Bevor am Nachmittag die Kirchensitzung startete, wurde gesungen und getanzt. Um die 100 Gäste waren gekommen und alle haben sich rausgeputzt! Auch Thomas und Robi haben sich richtig schick gemacht!



Um 16 Uhr kamen uns die sechs Freiwilligen aus Migori besuchen. Wir haben zusammen lecker vom Buffet gegessen und uns nett unterhalten.

Nächste Woche Montag ist unser letzter Arbeitstag in der Schule, bevor die großen Ferien (zwei Monate lang) beginnen. Dann werden Lioba und ich in Robis Anti-FGM Projekt tätig sein. Darauf bin ich sehr gespannt! Wie bereits erwähnt, werde ich im nächsten Blogeintrag genaueres zu diesem Projekt berichten. Ich werde zudem ein bisschen berichten, wie meine Arbeitstage in der Grundschule waren und wie mein Alltag generell hier so abläuft. Bleibt also gespannt😉!



 
 
 

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